Rezensionen

Nicoles Bewertung 02 Sterne.png

Als die Eltern von Virginia Hughes bei einem Kutschenunfall sterben, soll Virginia in ein Internat gehen und die Plantage ihrer Eltern, Sweet Briar, verkauft werden, da sie hoch verschuldet ist. Virginia ist mehr als verzweifelt, denn „Sweet Briar“ ist schließlich alles, was ihr geblieben ist. So fasst sie einen tollkühnen Plan- Sie will mit einem Schiff zu ihrem Onkel nach England reisen, um ihn persönlich zu bitten, ihr das Geld, das zur Begleichung der Schulden nötig ist, vorzustrecken. Auf der Reise nach England wird ihr Schiff jedoch von einem irischen Kapitän, der zur britischen Marine gehört, gekapert.

Virginia kann sich gar nicht vorstellen, wieso sie dieser Mann, den sie noch nie zuvor in ihrem Leben getroffen hat, scheinbar verachtet und sie unter keinen Umständen freilassen will. Und außerdem spürt sie sogleich eine sexuelle Spannung zwischen Devlin und ihr.
Nachdem mehrere Fluchtversuche ihrerseits scheitern, ergibt sie sich ihrem Schicksal schließlich. Doch als das Schiff in England einläuft, lässt Devlin sie wieder nicht frei und zwingt sie, ihn zu seinem Besitz zu begleiten. Dort angekommen, lernt sie den sympathischen, jüngeren Bruder Devlins, Sean, kennen. Von ihm erfährt sie schließlich auch wieso Devlin sie gegen ihren Willen festhält um von ihrem Onkel ein Lösegeld zu erpressen- es geht ihm in erster Linie nicht ums Geld, nein, er will ihren Onkel finanziell ruinieren. Virginias Onkel war einst ein hochrangiger Offizier, der Devlins Vater brutal vor den Augen der beiden Brüder und der Mutter, ermordete. Dafür sinnt er schon jahrelang auf Rache.

Doch seine scheinbar kalte und hartherzige Fassade beginnt langsam immer mehr zu bröckeln, als er feststellen muss, dass Virginia ganz und gar nicht so wie ihr Onkel ist. Und ihre Schönheit lässt ihn ebenfalls nicht kalt. Die beiden tauschen nicht nur heiße Küsse miteinander aus und Virginia muss sich schließlich eingestehen, dass sie sich in Devlin verliebt hat. Doch nach der ersten Liebesnacht verschwindet er ohne ein Lebewohl und lässt sie allein mit seinem Bruder auf seinem Anwesen zurück. Von Sean muss sie schließlich erfahren, dass Devlin Sean gebeten hat, Virginia zu heiraten. Virginia ist mehr als verzweifelt, denn in ihrem Herzen ist nur Platz für Devlin. Doch scheinbar war sie für ihn nur ein kurzes, leidenschaftliches Intermezzo und mehr nicht. Wird es für Virginia noch ein Happy- End geben können?

Dies ist nun, seitdem die Autorin das Genre gewechselt hat, der erste historische Liebesroman von Brenda Joyce, der sie zurück zu ihren eigentlichen, schriftstellerischen Wurzeln geführt hat. Doch leider empfand ich das Buch ebenfalls als totalen Rückschritt in ihrer Autorenlaufbahn.
Natürlich ist der Schreibstil von Joyce hier gewohnt gut und routiniert wie immer. Auch die Story an sich ist gut und spannend erzählt. Doch leider gibt es bei diesem Buch, wie auch bei einigen früheren Werken der Autorin ein Problem- die Hauptprotagonisten!
Zum einen ist da Devlin, ein „Tortured- Hero“, der seit der grausamen Ermordung seines Vaters, die er als Kind beiwohnen musste, verständlicherweise zutiefst verhasst auf den Mörder ist und der seitdem seine Gefühle in den hintersten Winkel seines Herzens vergraben hat, um nicht noch einmal verletzbar und damit angreifbar zu sein. Sein ganzes Leben dreht sich nur noch um einen Gedanken- die Rache an dem Earl of Eastwick, der Onkel der Heldin Virginia. Jedes Mittel ist ihm dafür recht und obwohl ihm eigentlich immer bewusst ist, dass Virginia nichts für den Charakter ihres Onkels kann, behandelt er sie herablassend und demütigt sie, wo er nur kann.

Natürlich konnte ich die Beweggründe seiner Rache voll und ganz verstehen, doch die Art der Umsetzung und sein schäbiges Verhalten der Heldin gegenüber, war mir zu heftig und ich fand ihn irgendwann nur noch hassenswert. Ich fand das sehr schade in diesem Fall, denn an sich war das Buch (die ersten 100 Seiten ca.) sehr unterhaltend und die Heldin bot ihm anfangs auch noch recht tapfer die Stirn. Doch ab dem Zeitpunkt, als sie sich dann auf dem Anwesen des Helden befanden, wurde es dann immer unerträglicher für mich weiterzulesen.

Spätestens nachdem er seine sexuellen Gelüste bei der Hausangestellten befriedigt hat und der Heldin tags darauf gesteht, dass dieser "Zwischenfall", für ihn so unbedeutend war, so dass er ihn schon fast wieder vergessen hat, hat es mir endgültig gereicht und ich habe nur noch sporadisch weitergelesen.

Und nun kommen wir zur Heldin Virginia. Wie so oft in Brenda Joyce Romanen, wieder einmal eine achtzehnjährige Jungfrau, die trotz ihrer sexuellen Unerfahrenheit sofort auf Anhieb heiß auf den Helden ist und es kaum noch erwarten kann, mit ihm zu schlafen. Und das, obwohl er sie bei jeder Gelegenheit spüren lässt, dass sie nur ein Mittel zum Zweck für ihn ist und nicht mehr. Und nachdem sie dann schließlich von dem sexuellen Zwischenspiel zwischen dem Helden und der Hausangestellten erfährt und zunächst verletzt ist, zeigt sie sofort Verständnis, als ihr der Held erläutert, dass die Hausangestellte nicht mehr für ihn gewesen sei, als ein „Ersatz“ der gerade zufällig in der Nähe war, um seine sexuelle Erregung zu stillen. Und mehr noch, unmittelbar nach diesem Gespräch schläft sie das erste Mal mit ihm! Spätestens ab diesem Zeitpunkt hatte die Heldin jegliche Pluspunkte, die sie anfangs bei mir hatte, verspielt und ich fand sie genauso schwach und unerträglich dumm, wie den Helden.

Ich mag andere Bücher der Autorin besonders "Kates Geheimnis", "Claires Erbe" oder die Francesca Cahill Reihe so gern; daher ist es mir besonders unverständlich, wieso sie für ihre historischen Liebesromane oftmals solche hassenswerte, soziopathische Helden erfindet. Nach dem Buch "Dunkles Verlangen", welches erst kürzlich beim Weltbild Verlag erschien, ist das nun schon der zweite historische Liebesroman der Autorin, der ein absoluter Lesereinfall für mich war. Dabei kann Brenda Joyce es doch auf jeden Fall viel besser! Man denke da zum Beispiel nur an das grandiose Buch „Jenseits der Unschuld“.

Kurz gefasst: Unterhaltende Story doch unerträgliche Hauptprotagonisten vergällen einem spätestens nach der Hälfte des Romans die Story.