Rezensionen

Nicoles Bewertung 04 Sterne.png

Felix J.Palma schuf mit "Die Landkarte der Zeit", einen Episodenroman der in drei Teilen erzählt wird, wobei alle Geschichten miteinander verknüpft werden und für den weiteren Verlauf des Romans, jede für sich, sehr wichtig ist, um das ganze Ausmaß dieser fantastischen Erzählung als Leser zumindest im Kern begreifen zu können.

Eine Romanfigur steht besonders im Mittelpunkt des Geschehens. Es handelt sich hierbei um eine historische Persönlichkeit- um den Autor H.G.Wells, bekannt und berühmt seit seinem Bestseller "Die Zeitmaschine".
Und Wells wird auch gleich in der ersten Story um einen jungen, adligen Mann, der sich unsterblich in eine Prostituierte verliebt, die später durch die Hand "Jack the Rippers", getötet wird, um Hilfe gebeten, denn Andrew ist acht Jahre nach dem Tod von Marie Kelly immer noch schwermütig und will seinem Leben ein Ende setzen.

Doch sein gewitzter Cousin Charles hat einen Plan- er selbst war bereits ein staunender Besucher von „Murrays Zeitreisen“, eine Firma, die es ermöglicht, in die Zukunft reisen zu können. Er überredet Andrew dazu, diese Institution aufzusuchen.
Murray kann zwar nicht helfen, er bietet nur Reisen in die Zukunft an, doch er gibt Andrew und Charles den Tipp, Wells aufzusuchen, der, so sagen es Gerüchte, selbst im Besitz einer Zeitmaschine sein soll.
Wird es Andrew möglich sein, dank der Zeitmaschine, seine Marie rechtzeitig retten zu können, bevor "Jack the Ripper" in Erscheinung tritt?

Leider kann ich an dieser Stelle nicht mehr über den Inhalt der anderen beiden Geschichten verraten, da sonst zuviel im Vorfeld verraten werden könnte.

Nur soviel, dem Autor ist es gelungen, einen inhaltlich sehr komplexen Roman zu schaffen, der dem Leser einiges abverlangt. Man muss wirklich äußerst aufmerksam den Verlauf der Geschichten verfolgen, um am Ende das Gesamtwerk komplett durchschauen zu können.
Man spürt, wie ernsthaft sich der Autor mit dem Thema Zeitreisen und Parallelwelten im Vorfeld auseinandergesetzt haben muss, denn die Handlung ist logisch und nachvollziehbar aufgebaut und regt auch noch lange nach dem Lesen dieses Romans zum Nachdenken an.

Der Schreibstil von Palma ist flüssig, streckenweise fast poetisch, literarisch auf hohem Niveau und rundet diesen spannenden und abenteuerlichen Roman perfekt ab.

Leider hat dieses Werk, das auch ein wenig an Jules Vernes Werke erinnert, einen kleinen Schönheitsfehler. Die Romanfiguren werden zwar sehr detailliert beschrieben, dennoch bleiben sie, bis auf Wells selbst, durchweg ein wenig blass. So liest man zwar von Andrews verzehrender Liebe zu Marie, doch meiner Meinung nach gelingt es dem Autor nicht, die Gefühle seiner Romanfigur so darzustellen, dass man mit Andrew mitleiden kann. Er, wie auch andere Akteure in diesem Werk bleiben einfach zu plastisch dargestellt.

Ankes Hörbuch Bewertung 05 Sterne.png

"Die Landkarte der Zeit" erzählt von einem London im Rausch neuer Erfindungen und Theorien - nichts scheint unmöglich. Im Mittelpunkt beliebter Diskussionen und Spekulationen steht das Werk "Die Zeitmaschine" des Autors HG Wells. Dieser ist es auch höchstpersönlich der durch seine Bücher der Geschichte einen Art roten Faden verleiht.Nebenbei bemerkt: Ich kenne leider die Roman "Die Zeitmaschine"(1895), "Der Unsichtbare"(1897)und "Der Krieg der Welten"(1898) von HG Wells nicht, zum Grundverständnis des Buches ist dies meiner Meinung nach auch nicht nötig. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass eine Kenntnis der Romane dem Buch "Die Landkarte der Zeit" zusätzlichen Reiz verleiht. ;-)

Kunstvoll miteinander verflochten, meisterhaft erzählt und stets mit Überraschen aufwartend, windet sich dieser "roter Faden" durch die einzelnen Teile des Buches. Einzeln gesehen erzählen die Teile von verschiedenen Schicksalen, die jedoch an der ein oder anderen Stelle unvermutet oder unbekannt zusammentreffen, ohne jedoch das Ausmaß des Ganzen verstehen oder auch nur Zusammenhänge erahnen zu können; das wird nur dem aufmerksamen Hörer am Ende gelingen. ;-)

In den Pausen, die innerhalb einer Geschichte entstehen, wenn etwa zwei Reisende schweigend und vor sich hin sinnend in einer Kutsche sitzen, füllt der Autor diese damit, dass er seine Leser direkt anspricht. Immer dann ist man als Leser nicht nur Beobachter, sondern wird zum Gesprächspartner. Das hat zur Folge, dass man als Leser ein Stück weit mehr in die Geschichte hinein gezogen wird; ein schriftstellerischer Kniff, den ich als ungemein faszinierend empfand.

Der leichte und lockere, aber immer wohlgewählte und gekonnte Erzählstil des Buches ist sehr unterhaltsam. Um den leisen ironischen, aber höchst köstlichen Witz herauszuhören, mit dem der Autor seine Geschichte bereichert, muss man schon genau hinhören. Verstärkt wird die amüsante Leichtigkeit aber auch durch den genialen Sprecher des Hörbuches, Andreas Fröhlich.

Zum Ende erschienen mir jedoch die Ergebnisse ein wenig zu schnell und zu wenig fein überlegt, vonstatten zu gehen. Da dies so gar nicht zum Stil der übrigen Geschichte passen will, vermute ich, dass man als Hörbuch-Hörer hier, im Gegensatz zum Buch, Kürzungen in Kauf nehmen muss.
Dafür kommt man, entscheidet man sich für die Hörbuch-Version, in den Genuss von Andreas Fröhlichs Vortragskunst. Eine Tatsache, die einem viel verzeihen lässt, den Andreas Fröhlich gehört meiner Meinung nach zu den Top Sprechern, die ein Hörbuch erst zum wahren Genuss machen.

"Die Landkarte der Zeit" ist eine spannende und geschickt erzählte Liebeserklärung an den Autor G.H. Wells und an seine Autorenkollegen, die uns an ihren fiktiven Zukunftsvisionen teilhaben lassen. Eine Hörbuch-Empfehlung.